Sergio Solano aus Kolumbien hat sich bereit erklärt, unsere Fragen für die Reihe “Mein Blick auf Deutschland” zu beantworten. Er macht zurzeit einen Bundesfreiwilligendienst und wohnt seit zwei Jahren in München.
Interview von Dylan Pulotov
- Hattest du vor deiner Einreise in Deutschland irgendwelche Klischees im Kopf? Und was davon hast du tatsächlich am eigenen Leib erlebt?
Ja, ich habe ein paar Klischees über Deutschland gehört, als ich in Kolumbien einen Deutschkurs besucht habe. Zum Beispiel, dass Bayern sehr konservativ sei und nur Deutsche hier leben. Ich dachte, München sei nicht so international. Allerdings muss ich sagen, dass ich nicht recht hatte.
- Was ist Deine erste Erinnerung an Deutschland?
Meine erste Erinnerung an Deutschland ist – Schnee! Ich bin ungefähr im Februar 2019 in Deutschland angekommen. Grundsätzlich gibt es in Kolumbien keine Jahreszeiten wie in Deutschland. Man unterscheidet zwischen Regenzeit (invierno) von April bis November und der Sommer- bzw. Trockenzeit (verano) von Dezember bis März. Man hat tagsüber 36°C-38°C, nachtsüber ca. 21°C, was ich als kühl empfinde. Hier erlebe ich vier Jahreszeiten. Auch Sonnenauf- und -untergang sind hier anders, meiner Meinung nach. Ja, dieser starke Kontrast ist meine erste Erinnerungen an Deutschland.
- Was gefällt Dir momentan in Deutschland, von der Natur, Kultur und Lebensweise her? Was findest du eher nervig?
Ich mag es sehr, dass in Deutschland Meinungsfreiheit herrscht. Vor dem Gesetz sind alle gleich, Reiche und Arme. Was in Kolumbien nicht der Fall ist.
Ich mag die Natur in Deutschland, besonders in Bayern. Man hat Berge und Seen einerseits und eine internationale Stadt, wie München anderseits. Dieser Kontrast gefällt mir sehr. Ich bin ein sehr flexibler Mensch. Ich denke, das spielt auch eine Rolle bei meiner schnellen Eingewöhnung in Deutschland gespielt.
Ich mag die Bürokratie in Deutschland nicht. Als ich AuPair war, hat es z.B. sehr lang gedauert bis ich meinen AuPair- Ausweis bekommen habe. Jede Behörde hatte mich woanders hin weitergeleitet oder es hat noch irgendeine Unterlage gefehlt.
- Woran musstest Du dich in Deutschland erst gewöhnen?
Ich musste mich an die Pünktlichkeit gewöhnen. Wenn man in Kolumbien um 21 Uhr eine Party schmeißt, lädt man die Gäste um 19 Uhr ein, sodass sie pünktlich da sind.
Auch habe ich gemerkt, dass Deutsche ziemlich viele Teamsitzungen haben. Es ist egal, wo ich arbeite, oder mich engagiere, alles muss erst besprochen werden.
Am Anfang war ich ein bisschen überrascht, wie oft und wo überall Deutsche das Tempo-Taschentuch benutzen. Besonders beim Essen war das für mich ein wenig ungewöhnlich. Mittlerweile habe ich mich daran so stark angewöhnt, dass ich es sogar selbst mache.
- Hast Du hier in Deutschland schon mal interkulturelle Missverständnisse erlebt?
Ich hatte am Anfang Probleme mit der deutschen Sprache und dadurch sind Missverständnisse zwischen mir und anderen Ausländern entstanden. Die Sprachbarriere war zu groß, glaube ich. Es fiel mir schwer, meine Emotionen auszudrücken. Als Beispiel kann ich meine Erfahrung in einer Beziehung nehmen. Da deutsche Sprache für uns beide eine Fremdsprache war, fiel es uns extrem schwer unsere Gefühle und Emotionen gescheit ausdrücken zu können. Streiten fiel uns noch schwerer.
- Hast du eine Lieblings-Redewendung oder Phrase auf Deutsch, die du lustig findest oder die dir besonders gefallen.
Mir fällt gerade nichts ein ehrlich gesagt.