Im ClubIn wird grundsätzlich gerne, oft und ausgelassen gefeiert. 2023 gibt es sogar noch einen weiteren, besonderen Anlass dafür: ClubIn wird 60 und blickt somit auf eine lange, ereignisreiche Geschichte zurück. Um mehr über die bewegte Vergangenheit und die genauso spannende Gegenwart dieses einzigartigen Ortes zu erfahren, haben wir uns mit Ulrike Stempfle, der Leiterin des ClubIn, getroffen.
Hallo Ulrike, danke, dass du dir die Zeit genommen hast, um mit uns über dieses besondere Jubiläum zu sprechen. „Der Club”, wie er unter seinen Fans heißt, wurde 1963 unter dem Namen „Arche“ gegründet und heißt heute ClubIn – Internationaler Treff. Worauf ist diese Namensänderung zurückzuführen?
Der Name Arche1, verstanden als geschützter Ort, sollte widerspiegeln, was Frau Dr. Neuhaus, die Gründerin der Einrichtung, selbst im Ausland erlebt hat. Sie war Jüdin und war während des Nationalsozialismus nach England geflohen. Dort lernte sie Treffpunkte für Menschen unterschiedlicher Herkunft kennen und erfuhr, dass es an diesen Orten keine Rolle spielte, wer man war oder woher man kam. Jede*r war willkommen. Begeistert von dieser Erfahrung gründete Frau Dr. Neuhaus in Deutschland einen Treffpunkt für junge berufstätige Menschen, Migrant*innen, ausländische Student*innen und Au-pairs und gab ihm dem Namen „Arche – Club junger Menschen“
Nachdem der Trägerverein 1970 in Verein für Internationale Jugendarbeit (VIJ) umbenannt wurde, bekam die Arche 1973 den Namen “Internationaler Jugendclub”. 2010 fand nochmals eine Namensänderung statt: Mit der Bezeichnung „ClubIn – Internationaler Treff für junge Leute von 17 bis 27“ sollte gezielt die Altersgruppe der jungen Erwachsenen angesprochen werden. Somit sollte auch eine Abgrenzung zu klassischen Jugendtreffs, die sich vor allem an Kinder und Jugendliche richten, erfolgen.
Du bist ja auch schon lange dabei – seit 1996 – und hast schon viel miterlebt. Was hat sich in der Rückschau in der Arbeit verändert?
Im Laufe der Jahre hat sich die Besucher*innenstruktur vor allem hinsichtlich der Herkunftsländer verändert. Unsere Besucher*innengruppe bildet letztendlich immer die aktuellen Zuwanderungs- und Fluchtbewegungen, europapolitischen Veränderungen, wie z.B.Osterweiterung der EU oder das Zuwanderungsgesetz, ab. Ich habe in den ersten Jahren meiner beruflichen Tätigkeit erlebt, dass vor allem Au-pairs aus den „alten“ EU-Ländern, wie etwa Schweden, Frankreich, Italien weniger wurden und stattdessen viele Au-pairs aus osteuropäischen Ländern den ClubIn besuchten.
Au-pairs bildeten schon immer einen Großteil unserer Besucher*innen. Bis 2016 wurden nämlich auch unter dem Dach des VIJ Au-pairs vermittelt.
In den letzten Jahren wurde unsere Besucher*innengruppe wieder heterogener. Zu unseren Besucher*innen zählen aktuell Au-pairs, Azubis, Volunteers, Berufstätige, Student*innen vor allem aus Südamerika, Asien, Osteuropa, Afghanistan und Syrien.
Die Leitidee die auch in dem Wort „Arche“ steckt, ist die Gleiche geblieben: ClubIn bietet einen geschützten, vertrauten Ort, an dem sich junge Menschen treffen, Freund*innen finden und Beratung und Unterstützung bekommen. So ist der offene Treff nach wie vor das Herzstück unserer Arbeit und stellt die “Brücke” zu allen anderen Angeboten des ClubIn dar.
Und die Besucher*innenzahlen zeigen, dass dieses Angebot nach wie vor wichtig ist und gerne angenommen wird. Wie finden die jungen Erwachsenen denn in den ClubIn?
Ja das hat sich über die Jahre auch verändert. Zu den Au-pairs hatten wir in der Vergangenheit einen direkten Zugang über die Au-pair Vermittlung, die sich im selben Haus befand. Diese musste jedoch aus finanziellen Gründen sowie wegen der wachsenden Konkurrenz durch Onlineagenturen 2016 schließen. Heute erreichen wir die jungen Menschen vor allem über unseren Instagram Account. Gerade während der Pandemie gewann dieses Medium noch mehr an Bedeutung. Die beste Werbung sehen wir jedoch nach wie vor, wenn unsere Besucher*innen eine gute Zeit im Club verbringen und dies weitererzählen oder ihre Freund*innen mitbringen.
Wir arbeiten aber auch seit vielen Jahren mit anderen sozialen Einrichtungen gut zusammen, wie Sprachschulen, Jugendmigrationsdienste, Au-pair Agenturen, studentische Beratungsstellen sowie Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit aus dem Stadtteil. Sie verweisen auf unser Programm und schicken bei Bedarf die jungen Leute zu uns. Im Rahmen des Kooperationsprojektes „Mobiler Stadtteiltreff“ sind wir seit diesem Jahr auch mit einem Lastenfahrrad im öffentlichen Raum unterwegs und werden dadurch noch stärker wahrgenommen.
ClubIn hat ja ein sehr vielfältiges Programm: offener Treff, Ausflüge… Wie stemmt ihr im Team dieses Angebot?
Unser ehrenamtliches Team ist eine sehr wichtige Ressource für unsere Arbeit. Im Sinne von Partizipation gestalten sie das Clubprogramm mit, führen selbst Angebote durch, leiten Ausflüge und sind im offenen Betrieb an der Seite der hauptamtlichen Pädagogin aktiv. Ohne dieses Engagement wäre diese Angebotsvielfalt nicht möglich. Von dieser Möglichkeit der Partizipation profitieren alle Beteiligten. Die Ehrenamtlichen bilden durch ihre Mitarbeit Schlüsselkompetenzen aus, die ihnen für ihren weiteren Lebenslauf nützlich sind. Andererseits können wir Hauptamtlichen dadurch ein vielfältiges, attraktives Programm anbieten.
Vielen Dank, liebe Ulrike, für diesen spannenden Blick hinter die Club-Kulissen. Bevor wir uns verabschieden: liegt dir noch etwas auf dem Herzen, das du mit unseren Leser*innen teilen möchtest?
Abschließend möchte ich allen danken, die dazu beigetragen haben, den ClubIn über die Jahre zu einem attraktiven Treffpunkt zu machen. Danke an die Mitarbeiter*innen, Kooperationspartner*innen, Zuschussgeber*innen, wie das Stadtjugendamt der Landeshauptstadt München, den Bezirksausschuss Schwabing 4, die Evangelische Landeskirche sowie den Kreisjugendring München Stadt.
Auch wir vom ClubIn-Redaktionsteam bedanken uns bei allen, die diesen besonderen Ort fördern, prägen und besuchen und freuen uns auf die nächsten 60 Jahre ClubIn!
1 In der biblischen Erzählung der Sintflut baut Noah eine Arche, also ein großes Schiff, für sich, seine Familie und die Tiere, die er paarweise an Bord bringt. So kann er sie vor der Sintflut retten und ermöglicht einen Neuanfang.
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