Systemrelevante Berufe in der Corona-Pandemie II

Liebe Leser*innen, 

in meinem letzten Artikel habt ihr mehr über meinen Berufsalltag als Altenpflegeschülerin erfahren. Heute möchte ich euch berichten, was Beschäftige in der Pflege über die Corona-Pandemie, über den Begriff „Held*in“ und über den beabsichtigten Pflegebonus denken. Aus Datenschutzgründen bleiben mein Name und der meiner Pflegeeinrichtungsname geheim.

Natürlich hört man in dieser Zeit hört auch viele unterschiedliche Meinungen über das Coronavirus. Manche waren lustig, andere schockierend. Eine meiner Kolleginnen meinte, dass es überhaupt kein Coronavirus gebe. Dass all was jetzt los ist, nur zum Schutz unserer Umwelt gedacht war. Bestimmt hat sie in den Nachrichten gehört, wie die Kanäle in Venedig sich geklärt haben ohne tausende Touristen. Als ich und meine Kolleg*innen diese Meinung gehört haben, war so ca. 5 Minuten Gesprächspause. Alle waren still von Schock… Wenn in dieser Welt alles nur um Geld geht und andere Dinge immer zweitrangig sind, ist es unmöglich zu glauben, dass die Regierung so große wirtschaftliche Risiken eingegangen ist, nur um unsere Umwelt zu schützen. Besonders, wenn die Umwelt ihr davor egal war.

Eine andere Meinung war, dass all diese Maßnahmen gegen Coronavirus übertrieben seien, dass das Coronavirus wie eine Grippe sei und wir müssen dieses Virus alle einmal haben, sodass unser Körper Antikörper entwickelt. Selbstverständlich, aber bevor wir diese Virus in unserem Körper willkommen heißen, sollen wir doch ein wenig über dieses Virus wissen oder?! So weit wir wissen, ist das Immunsystem von älteren Menschen und Säuglingen schwächer und es wäre viel besser, erst einen Impfstoff erst zu entwickeln. Sich bis dahin dagegen zu schützen ist doch selbstverständlich. Klar, vielleicht klingen manche Regeln von der Regierung komisch und unfair, aber alle versuchen jetzt „safe” zu spielen, sodass danach nichts zu bereuen ist. Wie gesagt „better safe than sorry!“.

Während viele während der Corona-Pandemie „home office“ machen mussten, durften/mussten Mitarbeiter*innen von systemrelevanten Berufe weiter in die Arbeit gehen. Einer solcher Berufe ist die Altenpflege. Manche Pfleger*innen waren verärgert, weil sie nicht das Risiko eingehen und weiterhin in die Arbeit kommen wollten, andere waren glücklich weiterhin arbeiten zu dürfen (inklusive ich). Manche haben gemeint, dass diejenigen, die „home office” machen, jetzt quasi Urlaub haben, da sie zu Hause sind und nichts machen dürfen, aber wir Pflegekräfte müssen weiterhin arbeiten. Das war natürlich eine unfaire Meinung gegenüber denjenigen, die „home office” machen müssen, da „home office“ auch Arbeit ist und 8 Stunden vor dem Computer macht auch kein Spaß, besonders wenn man da arbeitet und nicht Netflix guckt oder zockt. 

Die Mitarbeiter*innen von systemrelevanten Berufen werden jetzt als Held*innen bezeichnet, weil wir direkt mit erkrankten Menschen arbeiten müssen oder einfach keine vollständige Quarantäne einhalten könnten, weil wir weiterhin in die Arbeit gehen müssen.

 Doch sind wir wirklich die Held*innen?
Einerseits ehrlich gesagt, ja sind wir. Denn, wir sind täglich in die Arbeit gegangen, haben Überstunden gemacht, da sich viele krank gemeldet haben. Und wir mussten mit unseren Kolleg*innen arbeiten, obwohl uns bewusst war, dass nicht alle unserer Kolleg*innen vollständig die Hygienemaßnahmen durchführen und dass sie sich nicht strikt an die Quarantäne-Regeln halten. Wir könnten die Arbeit verweigern und sagen, dass unsere Gesundheit uns wichtiger ist. Doch der überwiegende Teil von uns hat täglich die Senior*innen gepflegt ohne einmal zu sagen, dass das unfair ist, dass wir immer noch arbeiten statt zu Hause zu sitzen. Andererseits haben wir diesen Beruf bewusst gewählt und jeder Beruf bringt Verantwortung mit sich. Meiner Meinung nach kann etwas, das ein selbstverständlicher Teil von unserer Arbeit ist, uns nicht zur Heldin oder zum Helden machen. Und dieser Teil ist, die Senior*innen pflegen, egal ob sie krank oder gesund sind. Ihr Leben ist genau so wichtig wie unseres. Wer bei den ersten Gefahrzeichen alle anderen im Stich lässt und nur an sich selbst denkt, sollte nochmal überlegen, ob er/sie den richtigen Beruf ausgewählt hat. 

Stichwort: Pflegebonus: 
Als Dankeschön an die Mitarbeiter*innen von systemrelevanten Berufe in dieser merkwürdige Zeiten hat die Regierung versprochen uns, den Pflegekräften Pflegebonus zu bezahlen in Höhe bis 1500€. Ich als Auszubildende* soll 900€ bekommen. Der Pflegebonus soll erst im Juli kommen und viele inklusive ich sind da ein wenig skeptisch, ob dieses Geld ohne weitere Manipulationen tatsächlich an uns ausbezahlt wird. Dieser Pflegebonus kommt quasi von der Bundesregierung. Es gibt aber noch einen Bonus von der bayerischen Landesregierung Bayern, den wir in Höhe von bis zu 500€ irgendwann im Juni bekommen sollen. Als Auszubildende soll ich 300€ davon bekommen. Ich bin natürlich glücklich darüber, wenn ich diesen Bonus bekomme, wenn nicht, dann halt nicht. Ich persönlich bin eher locker drauf. Zumindest habe ich mein Lohn vollständig bekommen, bin gesund, alles anders kommt von selbst 😉 Aber es lohnt sich, mal ein paar Meinungen von anderen hier zu erwähnen, da ich persönlich sie wichtig finde. Und zwar waren viele Pflegekräfte wegen dieser  Bezeichnung „Held*innen“ dem „Pflegebonus“ verärgert, weil sie gemeint haben, dass sie als Pflegekraft von Anfang an dieselbe Arbeit getrieben haben und schon oft für höheren Lohn gekämpft haben – aber bis jetzt waren sie keine Held*innen und überhaupt nicht als „wichtig“ anerkannt. Und jetzt als „dank“ der Coronapandemie alle plötzlich gemerkt haben, wie wichtig die Pflege für die Gesellschaft ist, sind wir plötzlich zu „Held*innen“ geworden. Viele Pflegekräfte meinen – und ich bin damit auch einverstanden – , dass statt wir dieses Pflegebonus eine Lohnerhöhung erhalten sollen, sodass wir nicht mehr Monat für Monat ums Überleben kämpfen oder sparen müssen. Sodass alle verstehen wie die Situation aussieht. Im Durchschnitt bekommt eine ausgebildete Pflegefachkraft ca. 2100/2200€ netto pro Monat. Alle wissen, wie die Situation mit Wohnungen in München aussieht. Wenn man alleine wohnt, ist die Situation noch nicht so extrem, aber was ist, wenn man noch eine Familie zu versorgen hat?! Es kann nicht sein, dass die Arbeit von Fußballern oder Schauspieler*innen wichtiger ist, als Arbeit mit Senior*innen, die das jetzige Deutschland eigentlich aufgebaut haben. Ich sage nicht, dass die Arbeit von Pfleger*innen viel wichtiger ist als andere Jobs, aber unwichtig ist es auch nicht. Und es ist einfach unfair wenn einige für 8 Stunden Arbeit tausende von Euros bekommen und andere nicht. 

Trotz allem ist und bleibt meine Devise:

Bleibt optimistisch – und gesund! 

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